Wirtschaft
Noch vor gar nicht so langer Zeit war eines der ärmsten Länder Welt – nach wenigen Jahren der Reformen – in der Lage, sich selbst zu versorgen.
Anstatt zu hungern, erwirtschaftete die Landwirtschaft von Burkina Faso sogar einen Überschuss und konnte Teile der Ernte in die Region exportieren. In der kurzen Regentschaft unter Thomas Sankara war die Gleichberechtigung der Geschlechter, das Ende der Zwangsehe und die Förderung der regionalen Wirtschaft auf der politischen Agenda.
Thomas Sankara konnte zwar die Entwicklungszusammenarbeit mit dem Projekt PATECORE vorbereiten (seit 2006 von Terra Verde fortgeführt), doch den Start erlebte der 1987 ermordete Staatschef nicht mehr.
Drei Jahre nachdem Sankara durch einen Putsch an die Macht kam, wurde er brutal ermordet und sein ehemaliger Weggefährte Blaise Compaoré wurde Präsident – 27 Jahre lang. 2014 widersetze sich das Volk seinem Begehren einer weiteren Amtszeit mit weitgehend friedlichen Massenprotesten und leite die ersten demokratischen Wahlen im ehemaligen Obervolta ein. Aus der als frei und fair bewerteten Wahl ging ihr Präsident Roch Marc Kaboré hervor und läutete eine neue hoffnungsvolle Ära ein.
Seit 1980 heißt der westafrikanische Binnenstaat Burkina Faso, was sinngemäß „Land der aufrechten Menschen“ bedeutet. Viele der herzlichen Burkinabe verehren noch heute Sankaras reformatorischen Ziele, denn nichts braucht das Land dringender als ein Ende der Armutsfalle und die Stabilisierung der Sahelzone gegen islamistischen Terror.
Burkina Faso ist jung, arm und als Binnenland auf Frieden angewiesen. Die 20 Mio. Menschen werden sich bis 2050 verdoppeln, sind im Durchschnitt knapp 25 Jahre alt (World Bank) und 70% betreiben eine selbstversorgende Landwirtschaft. Dürreperioden treffen besonders die in der Sahelzone liegenden Landesteile
Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der absoluten Armutsschwelle. Der Human Development Index von 0,423 (Rang 183 von 188 Ländern) weist das Land als eines der ärmsten der Welt aus, dabei sind ländliche Gebiete besonders stark von Armut betroffen. Ländliche Haushalte sind 1,5 mal mehr von Ernährungsunsicherheit betroffen als städtische.
Das gegenwärtige Wirtschaftswachstum von über 4% besteht hauptsächlich aus dem boomenden Gold- und Baumwollanbau. Weil aber das praktizierte Anbausystem die Desertifikation beschleunigt, werden mit großer Wahrscheinlichkeit die Umweltkosten den gesellschaftlichen Nutzen – insbesondere für künftige Generationen – bei Weitem übersteigen. Neben Gold und Baumwolle gibt es kaum nennenswerte Exportprodukte.
Das Klima ist tropisch-wechselfeucht mit einer Regen- und Trockenzeit. Während der Trockenzeit, die von November bis April andauert, wird das Land vom Harmattan heimgesucht, ein trockener, staub- und sandführender Wind, der das Land ausdörrt.
Die Dauer der Regenzeit sowie die Häufigkeit und Menge der Niederschläge nehmen von Süden nach Norden hin ab: bei einer jährlichen Niederschlagsmenge von ca. 600 mm im Norden, 600-900 mm in den zentralen Regionen und mehr als 900 mm in den südlichen Landesgebieten (UNDP 2019). Vor allem im Nordosten ist die Niederschlagsvariabilität groß. Dies erschwert die Landwirtschaft und kann auch ohne Dürren zu Nahrungsmittelengpässen führen.
Zum größten Teil besteht das Land aus einer Trockensavanne mit spärlichem Baumbewuchs, welche jedoch zunehmend für die Ernährung und den Anbau für Baumwolle gerodet und in Ackerfläche umgewandelt wird. Im Südwesten wird die Vegetation im Übergang zu den Feuchtsavannen deutlich dichter. Deshalb ist diese Region ein Einwanderungsgebiet; vor allem für Umweltflüchtlinge aus dem Zentral Plateau. Die Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch eine fortschreitende Degradation der Böden und eine große Abhängigkeit von Klimaveränderungen. Überweidung und Bevölkerungsdruck kommen erschwerend hinzu.
Die Bevölkerungszahl ist mit einem jährlichen Wachstum von 2,6% sprunghaft angestiegen. Der Anteil der jungen Menschen an der Gesamtbevölkerung ist sehr hoch (bedingt durch eine geringe Lebenserwartung und hohe Geburtenrate). Der größte Teil der Bevölkerung ist extrem arm: das jährliche pro Kopf Einkommen beträgt 230 USD (Tendenz fallend). Nur ein Viertel der Bevölkerung kann lesen und schreiben. Krankheiten wie Malaria, Aids und Tuberkulose fordern viele Opfer. Dürren, Desertifikation und Landflucht bestimmen das Überleben insbesondere der ländlichen Bevölkerung.
Ohne Unterstützung hat das Land nur sehr geringe Entwicklungschancen. Burkina Faso ist ein stagnierender LIC (Low Income Country) und wird langfristig in der Armutsfalle – hohes Bevölkerungswachstum und Zerstörung der natürlichen Ressourcen – verharren.
Viele Jugendliche können dank Massenmedien ihre Situation mit der Lebensweise der reichen Welt vergleichen. Insbesondere in Städten entsteht eine wachsende Gruppe von Unzufriedenen, welche schnell anfällig für einfache Erklärungen, Feindbilder, Hass und Gewalt werden können. Junge (männliche) Menschen ohne jegliche Perspektiven sind der Nährboden für gewalttätige Auseinandersetzungen, welche bis zum Bürgerkrieg eskalieren können (siehe Liberia, Sierra Leone, Elfenbeinküste)
Der Staatshaushalt von Burkina Faso wird zu einem wesentlichen Teil durch Entwicklungsgelder finanziert. Neben den bilateralen Gebern (u.a. Frankreich, Holland, Deutschland, Dänemark, Schweiz) sind die Europäische Union sowie die Weltbank die größten Einzelgeber in der Entwicklungszusammenarbeit.
Mit öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit ist sehr viel erreicht worden, doch die Zukunft liegt in der Förderung der Eigenverantwortlichkeit, denn die vielen Kleinbauern sind tüchtige Menschen und gewillt viel Arbeit in ihre eigene Zukunft zu investieren – wie zu Zeiten ihres Idols Präsident Sankara.